In unserer hektischen Welt vernachlässigen wir oft das Wichtigste – uns selbst. Selbstreflexion ist das ultimative Werkzeug zur Selbstführung und damit auch ein zentrales Element der Führung insgesamt. Sie ermöglicht uns, unser Verhalten und unsere Kommunikationsmuster zu verstehen und bewusst zu steuern. Durch Selbstreflexion erkennen wir unsere Stärken und Schwächen, treffen bessere Entscheidungen und agieren kompetenter. Diese Fähigkeit transformiert gute Führungskräfte zu großartigen, indem sie kontinuierliche Verbesserung und authentische Führung ermöglicht.
Selbstkompetenz durch Selbstreflexion
Selbstführung geht weit über das einfache Selbstmanagement hinaus. Während sich Selbstmanagement auf die Organisation von Aufgaben und Ressourcen konzentriert, befasst sich Selbstführung mit der Fähigkeit zur Selbstreflexion und der bewussten Steuerung des eigenen Verhaltens und der Kommunikation.
Reflexion als Werkzeug der Selbstführung
Reflexion ist unerlässlich, da Führung primär durch Kommunikation erfolgt. Ruth Seliger betont, dass effektive Selbstführung die Reflexion des eigenen Kommunikationsverhaltens, einschließlich der dahinterliegenden Motive, Werte und Methoden, erfordert.
Selbstreflexion à la "Muppet-Show"
Seliger vergleicht Selbstreflexion mit einem Kunststück ähnlich der Muppet-Show: Man steht auf der Bühne und beobachtet sich gleichzeitig vom Balkon aus. Dies erfordert die Anwendung der Theorie des Konstruktivismus.
Konstruktivismus: Die innere Landkarte
Der Konstruktivismus besagt, dass wir unsere eigene Realität konstruieren. Unsere Wirklichkeitskonstruktionen sind wie Landkarten, die unsere Wahrnehmungen und Interaktionen beeinflussen. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Landkarten nicht die Realität selbst darstellen.
Selbstbeobachtung und Verantwortung
Solange wir das Verhalten anderer beobachten, übersehen wir unser Zusammenspiel mit ihnen – und unseren eigenen Anteil. Dieser blinde Fleck verdeckt unseren Beitrag zum Verhalten der anderen.
„Wer sich selbst beobachtet und dabei die eigenen Muster wahrnimmt, verliert seine Unschuld und erlebt die Vertreibung aus dem Paradies,“ so Seliger (2018: 135), denn Erkenntnis verpflichtet.
Selbstreflexion bedeutet, unser Verhalten und unsere Rolle zu beobachten. Diese Erkenntnis verpflichtet uns, Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen. Selbsterkenntnis bedeutet, die eigenen Muster zu erkennen und Verantwortung zu tragen.
Das Werkzeug der Selbstreflexion: Fragen
Fragen sind ein zentrales Werkzeug der Selbstreflexion. Ein umfassender Fragenkatalog kann helfen, das eigene Selbstbild sowie die beruflichen und privaten Rollen zu analysieren und zu verstehen. Hier sind einige Fragen zur Reflexion über die eigene Rolle und das eigene Handeln:
Was erwartet meine Organisation von mir?
Was denke ich, dass meine Organisation von mir erwartet, speziell in bestimmten Bereichen?
Was erwarte ich von meiner Organisation?
Was erwarte ich mir von meinem Unternehmen?
Was erwarten meine Kolleg*innen und Partner*innen von mir – und ich von ihnen?
Was erwarten meine Mitarbeitenden von mir – und ich von ihnen?
Wie sieht das Zusammenspiel mit meinen Mitarbeiter*innen aus? Was läuft gut? Was gefällt mir? Was nicht? Was sollte sich ändern?
Woran werde ich als Führungskraft gemessen, beurteilt? Wie werde ich als Führungskraft gesehen und wahrgenommen?
Was bedeutet Führung für mich?
Was bedeutet meine Führungsrolle für mich?
Bedeutet es Lebensqualität, von mir geführt zu werden?
Ist es für mich Lebensqualität zu führen?
Wie sind die Rahmenbedingungen gestaltet, unter denen ich diese Führungsrolle umsetzen kann?
Was kann ich daran ändern?
Wo muss ich mich fügen oder mich anpassen? Kann ich mich anpassen?
Wo finde ich Unterstützung? Wer unterstützt mich?
Wo gibt es Konkurrenz? Welche Mitbewerber*innen habe ich?
Wo gibt es Unklarheiten um mich herum?
Wie wird mein Verhalten von anderen vermutlich beobachtet, gesehen und bewertet?
Was schätzt man an mir, was vermutlich nicht?
Was hält mich in dieser Organisation? Was ermöglicht sie mir? Was kann ich bewirken? Wie kann ich wirken?
Zeigen sich meine Mitarbeiter*innen führungsbedürftig? Führungswillig?
Bin ich bestimmend?
Bin ich fordernd?
Bin ich motivierend?
Bin ich aktivierend? Antreibend?
Von wem kommen die Ideen?
Wie komme ich zu Ideen?
Was motiviert mich, treibt mich an?
Was gibt mir Kraft?
Was kann ich bei mir selbst verbessern?
Lasse ich andere Meinungen gelten?
Wer inspiriert mich?
Wer sind meine Mentoren und Mentorinnen? Meine Vorbilder?
Wo hole ich mir Motivation und Inspiration?
Wie läuft "der Laden" wenn ich nicht da bin? (vgl. Seliger: 2018: 138)
Selbstkompetenz ist essenziell für eine bewusste und verantwortungsvolle Führung. Durch kontinuierliche Selbstreflexion können Führungskräfte ihre Fähigkeiten verbessern und ihre Rolle effektiver gestalten.
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Mag. (FH) Silvia Faulhammer, MSc.
Quellen und Literatur:
Seliger, Ruth (2018): Das Dschungelbuch der Führung. Ein Navigationssystem für Führungskräfte. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.
Weitere Literaturhinweise finden Sie in den Werken von Su Busson, Silja Mahlow und Christoph Schlick.
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